Der Friseursalon im Erdgeschoss des Seniorenstiftes ist wegen Corona vorerst geschlossen. Iris M. kann ihrer Schwiegertochter dort nicht mehr zur Hand gehen, vermisst die Abwechslung. „Hoffentlich“, so die Bad Homburgerin, „wird im nächsten Jahr wieder geöffnet – mir fehlen die Leute.“
Leute treffen, Gespräche führen: Das war der Seniorin zeitlebens eine Freude, ein Lebenselixier. „Heute muss ich auf vieles verzichten“, sagt die 71-Jährige, deren Gesundheit von Diabetes, Gicht und einer Krebserkrankung beeinträchtigt ist.
Statt zu den geliebten Stadtbummeln aufzubrechen, muss sie sich zu Ärzten begeben, auf Angebote im Supermarkt achten. Dass ihre Tochter und die zwei Söhne in der Nachbarschaft wohnen, ist ein Glücksfall. „Ich bin nie alleine.“
665 Euro beträgt der Mietzins für die 45 Quadratmeter große und im Stadtzentrum angesiedelte Wohnung, zu der ein Balkon gehört. Als Mietzuschuss bekommt Iris M. derzeit 123 Euro, die Rente ist auf 960 Euro festgesetzt. Nach Abzug aller Kosten stehen rund 300 Euro im Monat zur Verfügung. „Besonders meine acht verschiedenen Medikamente gehen ins Geld.“
Im zweiwöchigen Abstand wird der Weg zur Homburger Tafel angetreten – selten jedoch zur Zufriedenheit. „Die Auswahl und Qualität der Lebensmittel lassen zu wünschen übrig“, sagt die im nahen Dörfchen Bommersheim Geborene.
Nach dem frühen Tod der Mutter heiratet der Vater nochmals, wechselt den Wohnort. Iris M. erlernt den Beruf der Einzelhandelskauffrau im Oberurseler Traditionsgeschäft Rompel, hat am Ende der Lehrzeit sogar die Abteilung Gartenmöbel zu verantworten. „Es war eine tolle Zeit.“ Bevor sie 1968 vor den Traualtar tritt, ist die Küche des Kreiskrankenhauses ihr Betätigungsfeld.
Nach 20 Jahren mündet die Ehe in der Scheidung. Verschiedene Anstellungen wechseln danach, geben der Alterssicherung aber wenig Impulse: der Zeit im Hotel-Restaurant „Landskrone“ als Zimmermädchen folgen 27 Jahre an der Kasse einer Seulberger Tankstelle. „Immer war es eine Freude“, sagt eine Frau, die sich im November 2010 nach einer Hüftoperation in den Ruhestand verabschiedet.
Dass sich zum Jahresende die Altenhilfe wieder einstellt, bringt Glanz in den Haushalt der 71-jährigen Homburgerin. „Düfte, Duftöle, Duftkerzen aus einer guten Drogerie“ stehen auf dem Wunschzettel. Und: „Gerne ein Paar neue Schlappen.“
Nach dem Totensonntag soll der künstliche Christbaum aus dem Keller geholt werden, das Schöne bei Iris M. Einzug halten. „Immerhin kommt meine Schwester an Heiligabend zu Besuch.“ Olaf Velte