Das Gemälde „Der arme Poet“ von Carl Spitzweg gilt als Sinnbild mancher Künstlerexistenz und wohl auch für das Leben von Hanna W. (Name geändert). Die Malerei bedeutet ihr alles.
Dafür zahlt sie auch den Tribut, heute im Alter in Armut zu leben, mit Grundsicherung. „Es ist ein ganz schweres Dasein, aber die Kunst gibt einem so viel zurück, dass man die Entbehrungen ertragen kann“, erklärt Hanna W. ihren Lebensweg. Mit einer „sehr kleinen Rente“ muss die 73-Jährige auskommen. Ihr Mann, der aus politischen Gründen sein Land verließ, erhält nur eine „Minirente“, sagt sie.
Die Arbeit in seinem Herkunftsland sei hier nicht anerkannt worden, und in Deutschland habe er nur Minijobs erhalten. „Manchmal muss ich sehen, wie wir die letzten zehn Tage des Monats durchkommen, dann reicht das Geld nur noch für Kartoffeln und Reis“, sagt W.. Depression und eine Herzerkrankung seien die gesundheitlichen Folgen der Armut. „Vor drei Jahren ist es mir so schlecht gegangen, dass ich umgekippt bin“, sagt sie.
Hanna W.s künstlerisches Wirken begann mit dem Studium an der Werkkunstschule in Offenbach und später in Düsseldorf. Das Talent habe sie vermutlich vom Großvater geerbt, der Maler und Schriftsteller war, heißt es. Ihr Studium beendete die gebürtige Frankfurterin an der Kunstakademie in Stuttgart.
„Sieben Jahre habe ich studiert, doch das hat wenig Anerkennung gefunden“, sagt sie mit Blick auf die Vergangenheit und die Gegenwart. Ihre Bilder sind Abstraktionen in Acrylfarben und Kollagen. „Ich will die Realität nicht mit realistischen Darstellungen wiederholen, sondern das Innere von Alltagsspannungen darstellen. Ich will der Welt was mitteilen“, erklärt W..
Sie bespielte immer wieder Ausstellungen, zuletzt vor fünf Jahren mit 40 großformatigen Arbeiten. Der große Durchbruch blieb jedoch in all der Zeit aus. Nicht nur das, sogar ernähren konnte ihre Kunst sie nicht. „Ich hatte noch eine Halbtagsstelle in einem Büro, damit ich mir das Arbeiten als Künstlerin leisten konnte“, erzählt sie.
Die Malerei wegen der wirtschaftlichen Situation nur noch als Hobby zu betrachten oder sie aufzugeben, stand für W. aber nie zur Diskussion. Sie hätte dann einen Teil ihres Ichs aufgegeben, erläutert sie. Daran hat auch ihr Eintritt ins Rentenalter nichts geändert. Ihr kreatives Schaffen geht weiter. Nachts, wenn ihr im Bett eine Idee kommt, steht sie auf, um sie flugs auf den Malblock zu bringen.
Ein Teil der Spende aus der Aktion der FR-Altenhilfe soll daher für Mal- und Zeichenbedarf verwendet werden, sagt W.. Der überwiegende Betrag werde jedoch in die Haushaltskasse gesteckt – in der Hoffnung, dass das Geld nicht etwa für unerwartete Reparaturen ausgegeben werden muss.
Detlef Sundermann