Gloria T. lebte mit ihrem Mann in seinem Heimatland Mexiko – bis er dort von Unbekannten getötet wurde.
„Wir sind bis heute von diesem schockwirkenden Erlebnis gezeichnet“, liest sie vor. Mit „wir“ meint die 79-Jährige sich und ihre beiden Kinder. Weil ihr Gedächtnis nicht mehr so mitspiele, sagt sie, hat sie sich diesen Satz aufgeschrieben und weitere Notizen gemacht, wie es so weit gekommen ist.
Als Gloria T. Ende 20 war, sollte sie als gelernte Goldschmiedin eine Filiale des Juweliergeschäfts, bei dem sie arbeitete, übernehmen. Doch es kam anders: Auf einer Reise nach Mexiko zu Verwandten lernte sie ihren späteren Mann kennen – und blieb. „Er führte mich in das Nachtleben von Mexico City ein, wir gingen tanzen, in die Oper“ , erzählt sie und lächelt. „Es war wie im Film, ich hatte dort eine sehr schöne Zeit.“
Schon nach drei Monaten heirateten die beiden, bekamen eine Tochter und einen Sohn. 14 Jahre lebten sie als Familie zusammen. Dann kam das Unglück. „Mein Mann ist schrecklich umgebracht worden“, sagt Gloria T. Warum das passiert ist, kann sie nicht genau beantworten: „Es wurde nie aufgedeckt.“
T.s verstorbener Mann stammte aus einer wohlhabenden Familie, führte ein großes Lichtspielhaus, „ein Riesen-Kino mit 300 Sitzen“. Ob seine Familienangehörigen mit dem Tod zu tun haben, kann sie nur vermuten. Jedenfalls ließ sie alles stehen und liegen, packte Tochter und Sohn und floh nach Deutschland.
„Dann bin ich seelisch ganz furchtbar krank geworden“, berichtet sie und fügt hinzu: „Hochsensibel“ sei ihre Familie. „Nach einigen Aufenthalten in Nervenkliniken zog sich meine Krankheit hin, so dass ich später keine Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt bekam“, liest sie aus ihren Notizen vor. Im Alter seien „Nahrungsmittelallergien, Bandscheibenvorfall und schmerzhaftes Rheuma“ hinzugekommen.
Vom Schock durch den Tod ihres Mannes habe sie sich nie mehr richtig erholen können. Sie lebt von Grundsicherung. „Wenn Sie wüssten, was ich hier alles brauche“, sagt sie. „Mein Haushalt ist sehr gebrechlich.“ Die gesamte Einrichtung sei noch aus den 50er Jahren. Ein kaputter Schrank, Ofen und eine reparaturbedürftige Waschmaschine, dazu fehle Geld für Medikamente, Schuhe und Unterwäsche.
Sehr dankbar sei sie daher für die Unterstützung durch die Altenhilfe, die sie seit 2006 erhält. „Es war eine sehr lange, sehr schwere Zeit, in der ich überhaupt keine Antriebskräfte hatte“, berichtet Gloria T. Heute, so sagt sie, „rackere ich mich durch“. Auch wenn ihr schwindelig sei, stütze sie sich auf ihr „Wägelchen“ und gehe nach draußen. Clemens Dörrenberg