Sollte tatsächlich mal Einsamkeit aufkommen, dann hat Erik W. immer die Skyline von Frankfurt vor Augen. Von seinem Balkon aus im Blick, achter Stock in einem Hochhaus in Fechenheim.
Beste Sicht auf all das, was er an seiner Heimatstadt so liebt. Zu jeder Tageszeit, bei jedem Licht, in jeder Stimmung, dafür hat er kurz vor der Rente noch einmal die Wohnung gewechselt. Ein kleines Reich, mehr nicht. Erik W. lebt allein, keine Kinder, „dreimal erfolgreich geschieden“, sagt er.
Siebzig Jahre Leben haben Erik W. bescheidener gemacht. In jeglicher Hinsicht, „da sieht man einfach einiges anders“, sagt er. Niemals würde er anderen die Schuld zuweisen, wenn er über seinen heutigen bescheidenen Lebensstandard spricht. „Wer selbstständig ist, muss auch selbstständig denken“, so einfach ist das.
Ein kleiner Selbstvorwurf steckt darin: „In jungen Jahren habe ich nicht ans Alter gedacht, das Geld kam geflogen und ist wieder weggeflogen.“
Erik W. ist ein Frankfurter Bub. Hat die meiste Zeit seines Lebens in der Stadt verbracht. Maschinenschlosser hat er gelernt, einige Jahre bei einer großen Firma gearbeitet, ehe er in den Fensterbau wechselte. Rahmen aus Aluminium und Kunststoff haben sie produziert, der Chef hat ihn in den Außendienst beordert, weil er, positiv gesehen, eine „große Klappe“ hatte.
Er war keine 30, als die Selbstständigkeit lockte. Der Austausch von Fenstern hin zu Doppelverglasung mit mehr Wärmeschutz wurde kräftig vom Land gefördert, auch die Dämmung von Fassaden, Decken und Dächern gehörte zum Portfolio von Erik W. und der Firma, die er mit einem „Kumpel“ betrieb. Gute Zeiten, eine „schöne Sache“, ordentlicher Überschuss am Monatsende, da hat Erik W. von „Rente geträumt“.
Mit der Installation und dem Betrieb von Blockheizkraftwerken auch im Osten der Republik haben sie sich verzockt, das ging irgendwie „den Bach runter“, plötzlich war nichts mehr da außer Schulden. „Jetzt kämpfen wir uns halt durch“, sagt Erik W. und meint damit nur sich selbst.
Bis zur Corona-Krise waren die Bootsausflüge der FR-Altenhilfe Highlights im Jahreslauf als Rentner, „das war richtig toll“, schwärmt er noch heute. Die finanzielle Unterstützung der Aktion seit fünf Jahren hat ihm zu einem neuen Fahrrad verholfen und war Zubrot bei kleinen Urlauben.
Dafür ist er dankbar – und für den Skyline-Blick, sein tägliches Geschenk. Jürgen Streicher