Zwei Menschen sind es, denen Axel B. sein Überleben verdankt. „Ohne die Ärztin der Caritas-Straßenambulanz und meine Sozialarbeiterin wäre ich nicht mehr hier“, sagt der Mann, der innerhalb weniger Jahre einen Sturz in Obdachlosigkeit, Sucht und Suizidversuch durchlitten hat.
Heute wohnt er in einem Frankfurter AWO-Haus, erfreut sich jeden Tag an den Vorzügen von „warmem Wasser und elektrischer Energie“.
Den Löwenanteil seiner 570 Euro Rente plus Grundsicherung benötigt er für Miete und Nebenkosten – „mir bleiben rund 300 Euro pro Monat“.
Zurücklegen lasse sich da nichts, defekte Haushaltsgeräte könne er keinesfalls ersetzen. Die seit vorigem Jahr gewährte Altenhilfe ist für den 67-Jährigen „eine wundervolle Unterstützung, fantastisch“. Was er in der aktuellen Wintersaison benötigt, ist schnell aufgezählt: „Dicke Jacke, warme Schuhe.“
Zukunftsängste gehören für Axel B. zum Alltag. Ein Schilddrüseneingriff steht an, Knie und Herz wurden im Krankenhaus bereits operativ behandelt. „Ich habe ja effektiv niemanden.“ Verwandtschaft existiere nicht mehr, aus alten Freundeskreisen – „Rückfallgefahr!“ – habe er sich komplett zurückgezogen. Noch könne er ja laufen und sich selbst versorgen. „Wenn dies aber nicht mehr klappt?“
Zur Welt gekommen in Bornheim und „von wunderbaren Eltern“ aufgezogen, ist der eingefleischte Bernemer seiner Heimatstadt stets treugeblieben. Als Lagerarbeiter und Verkäufer lernt er die Warendepots eingesessener Handelshäuser kennen, arbeitet nacheinander und über lange Jahre bei Hartmann & Sohn, Käse-Henke oder CBS-Schallplatten.
Bevor der „große Absturz“ kommt, pflegt B. für ein Dutzend Jahre junge Schlaganfallpatient:innen in einer sozialen Einrichtung. „Psychisch war das eine schwere Belastung damals.“
Während der ersten Alkoholikerphase wohnt er noch bei einer mittrinkenden Bekannten, nach Trennung und Rausschmiss wird die Straße zum bestimmenden Ort des Daseins. Abgetaucht in der Ostparkszene, sind fortan Suff, Drogen und Schlägereien wiederkehrende Realität. Im Rückblick offenbart sich ein Alptraum: „Gepennt habe ich in Gartenhütten, Hauseingängen, unter Mainbrücken, ohne Klamotten, ohne Perspektiven.“
Das „Glück“ erscheint dann in Gestalt der Caritas-Ambulanz, die ein Fundament für Entzug und Wohnungssuche bereitet, Möglichkeiten offenbart. „Seit sechs Jahren bin ich jetzt trocken und meinen Retterinnen unendlich dankbar“, sagt B.
Gerne geht er in Frankfurt spazieren, meidet dabei auch „die alten Wege“ nicht. Als begeisterter Schwimmer ist er wöchentlich mehrfach in den heimischen Bädern anzutreffen. „Und ein Buch habe ich immer dabei.“
Frohe Stunden, die jedoch immer wieder von dunklen Schüben abgelöst werden. „Gerade jetzt im Advent bin ich oft tieftraurig.“ Erinnerungen suchen Axel B. heim, lassen eine unbeschwerte, längst vergangene Zeit heraufsteigen. „Das nimmt mich derzeit sehr mit.“ Olaf Velte