Die aktuelle Teuerung im Einzelhandel macht es für Gerlinde P. noch schwerer. Als „ganz schlimm“ bewertet sie die Versorgungssituation – „mit monatlich 320 Euro muss ich ja irgendwie zurechtkommen.“
Einteilung sei dabei an der Tagesordnung, der Griff beim Einkaufen gehe zu den günstigen Eigenmarken. Dass die 77-jährige Frankfurterin ihren Zweizimmerhaushalt noch alleine führen kann, wird mit einem gutgelaunten „Toi, toi, toi!“ bekräftigt.
Der Mietzins für die Wohnung in Sachsenhausen beträgt 637 Euro, die karge Rente wird durch Grundsicherung aufgebessert. „Auf die hohe Kante ist da nichts zu legen.“ Vielmehr muss sich die schwerbehinderte Frau stets überlegen, was tatsächlich gebraucht wird.
Sparsamkeit ist für Gerlinde P. kein Problem, ist sie doch mit sechs Geschwistern im Herzen der Mainstadt großgeworden. „Neben Trümmern sind wir aufgewachsen“ – dennoch sei die Nachkriegskindheit eine schöne gewesen. 1952 zieht die Familie in die Fischerstraße, wo sich aus den Ruinen neu erbaute Wohnblocks aufschwingen.
Gerlinde P. beginnt im Alter von 14 eine Lehre zur Friseurin, schult schließlich zur „Bürohilfe“ um. Am Ende des Berufswegs kann sie auf „20 Pflichtjahre“ verweisen – aber: „Wegen der kleinen Gehälter konnte ich nie viel in die Rente einzahlen.“ Der zweiten Ehe entstammt ein Sohn, der heute im Umland lebt.
Ihr damaliger Mann betreibt ein bescheidenes Fuhrgeschäft, welches jedoch in die Pleite schlittert. „Nach der Krebsdiagnose habe ich ihn dann vier Jahre lang zu Hause gepflegt.“ Sein Tod beendet 2014 die Lebensgemeinschaft.
Seit einem Jahrzehnt wird die bekennende Palmengarten-Verehrerin von der Altenhilfe unterstützt. Mit den Zuwendungen ergeben sich Möglichkeiten abseits des Alltäglichen: „Die kaputte Waschmaschine kann repariert werden, und ein Weihnachtsgeschenk für den Enkel ist ebenso drin wie eine neue Bluse.“
Trotz aller Genügsamkeit funktioniere das Dasein ohne die Altenhilfe kaum. Daneben sind die „wunderbaren Adventsfeiern bei der Rundschau“ unvergessen, werden vermisst.
Diabetes, Arthrose, Herzprobleme und Altersarmut sind für die 77-Jährige jedoch kein Grund, in Unzufriedenheit abzugleiten. Nach dem Motto „Ich mache keine Pläne, lebe stattdessen den Tag“ richtet sich Gerlinde P. im Einfachen und bewusst Erlebten ein.
Das Treffen mit einer guten Bekannten sei immer eine Freude, herrlich gar der Moment mit selbst gebackenem Marmorkuchen und einer Tasse Kaffee. Im Schlafzimmer hat sie sich eine Ecke zum Malen eingerichtet: „Aquarell auf Leinwand, mein großes Hobby.“ Olaf Velte