Ihr Vater pflegte immer zu sagen, dass Elsa R. (Name geändert) bereits stürmisch auf die Welt gekommen sei. Damals, während des Fliegeralarms 1944 in Bad Homburg.
Auch heute noch, beinahe 80 Jahre später, kämpft sich die Seniorin durchs Leben. Sie wolle stark bleiben, doch lange halte sie es nicht mehr durch, sagt R. Rheuma, eine Neurose, Asthma, kaputte Hüften, mehrere Leistenbrüche, seit kurzem auch noch Corona und die damit verbundenen Folgen, bestimmen ihren Alltag.
Doch so kenne sie es, sei kaum etwas anderes gewöhnt. „Ich bin schon krank geboren“, so die 79-Jährige, „ich muss mit den Schmerzen leben und probiere immer noch, das Mögliche zu machen.“
Aufgeben war nie eine Option. Selbst nach ihrem Schlaganfall machte sie weiter und brachte sich selbst das Sprechen wieder bei. Einen Großteil ihres Lebens verbrachte sie in der Klinik, weit über 50 Aufenthalte seien es mittlerweile: „Im Krankenhaus bin ich bekannt wie ein bunter Hund“, sagt die Rentnerin, „drei Mal bin ich dem Tod schon von der Schippe gesprungen.“
In jungen Jahren wollte sie normal arbeiten gehen, doch auch dieser Weg war von Hürden geprägt. In den 70er- und 80er- Jahren etwa war die Bad Homburgerin Abteilungsleiterin einer Reinigung. Damit sie als solche befördert werden konnte, absolvierte sie nebenbei einen Kurs an der Volkshochschule, ansonsten hätte sie die Position mit ihrem Volksschulabschluss nicht anstreben können.
„Ich habe dort alles selbst gemacht und war voll berufstätig“, erinnert sich Elsa R. Während dieser Zeit war sie zudem Mutter eines kleinen Sohnes. Sie bekam allerdings keinen Kita-Platz, nahm ihn daher notgedrungen mit in die Reinigung.
Irgendwann ist sie unter dem Druck zusammengebrochen. „Damals gab es dann keine Arbeit mehr, ich bin nur hin und wieder putzen gegangen“, erzählt sie.
Geld ist heute nicht mehr viel übrig, R. erhält Grundsicherung und eine kleine Rente. Sie lebt sparsam, denn allein für ihre Medikamente muss sie monatlich rund 100 Euro beiseitelegen.
Von der FR-Altenhilfe, die sie seit 2005 erhält, überlegt sie, sich nun ein neues Bett zu kaufen. Ihr altes Pflegebett bereitet ihr nämlich Schmerzen, ist eigentlich viel zu klein. Früher gab es von den Spenden auch schon eine neue Decke für den Fernsehstuhl, „oder ich habe meinen Enkelkindern eine Freude bereitet“, fügt sie hinzu.
Regelmäßig treffen könne sie die Kinder aber nicht. Auch ihr Sohn sei viel arbeiten, meist verbringe sie ihren Alltag allein in ihrer Wohnung. Gerne würde sie ihren letzten Lebensabschnitt in einem Pflegeheim in Bad Homburg verbringen, die Plätze seien jedoch rar, sagt Elsa R.
Dass sie in Zukunft eine tägliche Pflege bekommen und zudem der Einsamkeit entfliehen könne, hält sie daher nicht für realistisch. Gleichwohl versucht sie, die positiven Dinge in ihrem Leben wertzuschätzen: „Ich sage immer: Anderen geht es noch schlechter als mir. Jeder hat sein Päckchen zu tragen.“ Katharina Kleint