Den rheinischen Dialekt und die Liebe zu diesem Lebensumfeld hört man beim ersten Satz heraus. Und landet schnell bei einer anderen Liebe.
Denn wer geht schon freiwillig vom Rhein an den Main und dann sogar nach Offenbach? „Der Liebe wegen“ hat Gudrun L. die Heimat Düsseldorf verlassen.
Zweimal sogar, erst für einen Musiker, der sich später, lange nach der Liaison mit ihr, in Frankfurt das Leben nahm, dann für den Mann, mit dem sie gefühlt ihr „halbes Leben“ verbracht hat. Nach 20 ihrer bis dahin 60 gelebten Jahre kam der geliebte „Lebensbegleiter“ bei einem Autounfall in Bayern ums Leben.
Noch einmal 18 Jahre sind seitdem vergangen. Gudrun L. musste ihr „ganzes Leben umstellen, weil alles plötzlich weg war“. Sie war mehr oder weniger mittellos.
Wer denkt schon im schönen Leben mit Reisen nach Amerika an der Seite des Managers einer großen amerikanischen Firma an eine ungewisse Zukunft? Santa Barbara in Kalifornien, das sei ein Traum gewesen, das habe sie am meisten geliebt.
Aber dann wurde Offenbach ihre neue Heimat, mit der sie sich leidlich arrangiert hat. Weil eben plötzlich alles anders war, es nicht anders ging. Verheiratet waren sie nicht gewesen, der Mann hatte „noch eine andere Familie“.
Ein kleines Glück kam erst später wieder durch die Unterstützung der FR-Altenhilfe zurück. „Da habe ich mich gefreut wie Bolle“, sie hätte einen „Salto schlagen können“, sagt sie. Da blitzt die rheinische Frohnatur durch jeden Satz, wenn sie erzählt, welche Wünsche sie sich damit erfüllen kann.
„Ich wollte mich nie binden“, das gesteht Gudrun L. heute freimütig. Hat sie auch nicht. „Freiheit“ ist ihr ein ganz besonders hohes Gut. In Düsseldorf ist sie mit zwei Schwestern und ab ungefähr 15 Jahren nur noch mit der Mutter im Haus aufgewachsen.
Über ihre Kindheit und Jugend am Rhein will sie „nicht meckern“. Sie beginnt eine Lehre als Friseurin, schließt diese mit Erfolg ab. Und arbeitet auch in diesem Beruf.
Dass die paar Jahre im Friseurladen später mal nicht für die Rente reichen könnten, das findet als Gedanke keinen Platz in ihrem Kopf. Das spürt sie erst jenseits der 60 nach dem Tod des Lebensbegleiters, als sie an allen Ecken und Enden sparen muss. Im guten Leben zuvor war der Friseursalon immer weit weg.
Und jetzt? „Ich kann nur von vielen schönen Erinnerungen leben“, sagt Gudrun L. mit ein bisschen Bedauern in der Stimme. Aber das wird sie tun, solange sie ihre Füße noch tragen und sie leidlich fit ist.
Die kleine Zwei-Zimmer-Wohnung hat sie schön eingerichtet, dank der FR-Altenhilfe kommt sie über die Runden, dank ihrer konstanten Frohnatur kann sie „jeden Tag genießen“. Man könne sich auch „sein Leben schwer machen“, aber das wollte sie nie. Lieber mit ein paar Euro Rente rumkommen und dem „Zuschuss vom Amt“. Jürgen Streicher