Maryia Malakhava, Leiterin der Sozialen Dienste, zeigt die Bilder von der EM-Fanzone am Mainufer. (Bild: Monika Müller)
Was tun, wenn man altersbedingt nicht mehr selbst auf die EM-Fanmeile am Mainufer gehen kann und trotzdem mehr darüber wissen will? Das Seniorenzentrum „August Stunz“ der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Frankfurt hatte am Mittwoch eine gewitzte Lösung dafür.
In einer illustren Runde saßen 14 Bewohnerinnen und Bewohner zusammen und schauten sich auf Tablets Bilder von der Fanzone an. Die Schotten im Kilt, Deutschlandfans mit dem neuesten Trikot und natürlich Fotos von den Leinwänden und Menschenmassen – das sorgte für Staunen und Freude am Tisch.
„Wir sind ein digitalaffines Haus“, sagt Sabine Kunz, Leiterin des August-Stunz-Zentrums. Die Arbeit mit den Tablets sei Teil des Alltags in der AWO-Einrichtung. Geschulte Betreuungsassistent:innen setzen die Technik in Gruppen, aber auch in der Einzelbetreuung auf den jeweiligen Zimmern ein.
So werde beispielsweise auf Online-Karten geschaut, wo die Bewohnerin oder der Bewohner einst lebte und wie es heute dort aussieht. Oder es werde ein bestimmtes Lied abgespielt oder einfach nach dem Text für das Lieblingslied aus der Jugend gesucht.
Ein nicht zu unterschätzendes Anwendungsgebiet sei auch die Videotelefonie. Ein großer Teil der Bewohnerinnen und Bewohner hat keine Familienangehörigen mehr in der näheren Umgebung, erklärt Kunz. Da helfen die Tablets, den Kontakt zu halten. Die Senior:innen wurden auch im Umgang mit den Geräten beraten – das Wort Schulung wäre zu groß dafür.
Die Geräte dienen dabei nicht dem reinen Zeitvertreib. Viel mehr gehe es darum, die Menschen zu mobilisieren – geistig, aber auch in der Feinmotorik –, und um soziale Kontakte. Bei der Telefonie liegt sie auf der Hand, bei der Beschäftigung in der Gruppe erschließt sie sich auch: Da wird bei der EM gefragt, wer Europameister wird, oder beim Thema „Wie feiert man Silvester in anderen Ländern“ die eigenen Erlebnisse ausgetauscht. Kontakte dank digitaler Teilhabe.
Begeistert ist die Zentrumsleiterin auch vom sogenannten „Care-Table“. Der sieht aus wie ein Tablet in XXL und misst 43 Zoll (circa 95 x 53 Zentimeter). Auf seinem Touchscreen können die älteren Menschen Zeitung lesen, Spiele spielen, den Wetterbericht betrachten oder einem Gottesdienst zusehen. Auch diese Geräte nutzt das AWO-Zentrum auf den Zimmern. Der sehr große Bildschirm helfe vor allem Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung.
Kunz wünscht sich gern noch ein bis zwei dieser Tische für das Heim, aber die Kosten sind hoch. Auch die Tablets konnten nur dank einer Spende der FR-Altenhilfe angeschafft werden. 36 waren es für insgesamt drei Heime im Jahr 2020. Heute gibt es noch 14 im Stunz-Zentrum und je zehn im Traute-und-Hans-Matthöfer-Haus sowie Johanna-Kirchner-Altenhilfezentrum. Es bliebe nicht aus, dass auch mal eines den älteren Menschen herunterfalle.
Und falls es mit den Tischen nichts werde? Dann würden auch sechs moderne Tablets, die größer und leichter sind, helfen. Genutzt würden sie auf alle Fälle – auch wenn dann keine Europameisterschaft mehr ist. Steven Miksch