Bild: Bernd Fickert

Ein „strukturiertes Leben“ sei ihr wichtig, sagt Maria T., wenn sie versucht, ihre Denk- und Lebensweise zu beschreiben. Das Leben solle „gewisse Strukturen“ haben, das gebe Halt und Orientierung.

So hat sie es gelernt in ihrer Kindheit oben im hessischen Nordosten, auf dem Land bei Eschwege. Bei den Eltern, von den Tanten und Großtanten. Wo sie, geboren 1954, noch im „Handwerkszeitalter“ aufgewachsen sei. Ländliches Leben, natürlich, bodenständig sagt man wohl dazu. Alles unter Kontrolle.

Die Familie verschlägt es nach Frankfurt, da gab es Arbeit. Ein Frankfurter Mädchen aber ist sie nie wirklich geworden, Hochdeutsch zu sprechen, gehört zu ihren Strukturen, so hat sie es später auch an ihre Kinder vermittelt.

Viel zu früh eigentlich ist das erste Kind gekommen, das hat nur bedingt in die Struktur gepasst. Mit 19 musste sie deswegen heiraten, aus der Familie raus, in die Ehe rein. Eine Zeit, die man nicht mit heute vergleichen könne, sagt Maria T. dazu.

Schnell kam das zweite Kind hinterher, nach drei Jahren war die Ehe kaputt. Die „Kennenlernzeit“ war wohl zu knapp. „Kirchliche Gründe“ nennt Maria T. für die Scheidung, zu spät habe sie bemerkt, dass es sich beim religiösen Hintergrund des Mannes um eine Sekte gehandelt habe. Immerhin gezahlt habe er für die Kinder, nach einigen Mahnungen.

In Frankfurt hat Maria T. mit 15 Jahren eine Ausbildung zur Drogistin begonnen, nach drei Jahren erfolgreich beendet, an die Zeit in der Bergiusschule an zwei Tagen pro Woche kann sie sich noch gut erinnern. Und lateinische Namen von Pflanzen gehen ihr noch heute leicht von der Zunge. „Man muss sehen, was man macht“, sagt sie heute.

Die nach der Scheidung Alleinerziehende arbeitet halbtags als Drogistin, das muss alles strukturiert funktionieren. Als „Vollblut-Mama“ hat sie sich immer verstanden. Und hat trotz der Vergangenheit ungefähr 17 Jahre nach der ersten Hochzeit noch ein zweites Mal geheiratet.

Drei weitere Kinder, sonst hat nicht viel geklappt in der Ehe, auch diese wird bald wieder geschieden. „Ich freue mich, dass es sie gibt“, sagt die 70-jährige Maria T. über die Kinder, ohne sie lebt sie seit fast 30 Jahren alleine.

Auch im elektronischen Zeitalter zieht Maria T. ihre geraden Linien. Im Umgang mit sich und den Kindern. Geht mit ihnen auf die Buchmesse oder die Musikmesse, sie selbst mag Gospel-Gesänge, singt auch mal in einem Chor. „Unter Leute gehen, Kommunikation, das ist wichtig.“

Das Leben ist eingeschränkt, die Rente ist knapp, ohne Grundsicherung würde es nicht gehen. „Ich finde es schön, dass es so etwas gibt“, sagt sie über die FR-Altenhilfe, von der sie seit vier Jahren unterstützt wird. Vielleicht reicht es zu Weihnachten mal wieder für einen neuen Stuhl oder etwas neue Kleidung. Das würde sie schon glücklich machen. Jürgen Streicher, Steven Miksch