„Ich habe die Trümmer des Nachkriegsdeutschlands noch gesehen“, sagt Leonore F. (Name geändert). Die Seniorin ist Jahrgang 1946.
Die Ruinen und Schuttladen in Offenbach, wo sie zur Welt kam, seien beliebte, wenngleich unerlaubte Spielplätze gewesen. Dennoch sagt sie: „Meinen schon erwachsenen Enkeln sage ich oft, ihr habt Glück, dass ihr das nicht erleben musstet.“
Aber auch in anderer Hinsicht schätzt F. die heutigen Zeiten sehr. Leonore F. besuchte die Volksschule und begann danach mit 14 Jahren eine Schneiderlehre. „Viel lieber hätte ich als Erzieherin in einem Kindergarten oder als Kinderkrankenschwester gearbeitet“, sagt sie, aber die Eltern hätten es nicht zugelassen.
Bis zur Heirat habe sie in ihrem Beruf gearbeitet. Mit 27 Jahren sei dann die gemeinsame Tochter geboren worden, und F. musste nach dem Willen ihres Mannes von da an zu Hause bleiben.
„Es war schön, dass nach der Schule immer jemand da war“, habe ihr die Tochter später einmal gesagt. Es bestehe noch heute ein „toller Kontakt“, sagt die 78-Jährige.
„Und dann kam die Scheidung, und ich wurde schnell sehr, sehr selbstständig“, sagt F. Mit 47 Jahren habe sie den Führerschein noch gemacht, den ihre Freundinnen längst hatten, sagt sie lachend.
Nach der bestandenen Fahrprüfung habe sie sich aus der Verwandtschaft Geld geliehen, um sich ein kleines Auto zu kaufen, um endlich eigenständig Freunde und Bekannte zu besuchen oder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, etwa in einem Sportverein. Und zudem habe sie noch 15 Jahre in einem Geschäft für Jeansmoden arbeiten können.
Heute lebt Leonore F. in Mühlheim. Die Rente reiche nicht für alle Ausgaben. Um die Miete für die Einzimmerwohnung aufbringen zu können, erhält F. Wohngeld.
Seit zehn Jahren bekommt F. von der Altenhilfe der Frankfurter Rundschau Zuwendungen. „Jedes Mal, wenn ich die Benachrichtigung erhalte, freue ich mich schon sehr“, sagt sie. „Dann leiste ich mir ein, zwei Oberteile oder Unterwäsche“, sagt sie. Auch einen Friseurbesuch plane sie dann.
„Aber ich lege auch immer was zurück. Ich genieße es, möglichst lange von dem Geld was zu haben“, sagt Leonore F. Detlef Sundermann