Bild: Renate Hoyer

Ihre Waschmaschine ist nun 30 lange Jahre in Betrieb und wird nach Auskunft ihrer Besitzerin „zusehends müde“. Ein Austausch des Geräts wird wohl bald nötig sein.

Gut, dass Anastasia P. seit dem Frühjahr zur Gemeinschaft der Altenhilfe zählt. Die 71-Jährige, in einem Frankfurter Stadtteil wohnende Frau ist sehr dankbar, sich wieder einmal neue Bekleidungsstücke leisten zu können. „Und ausnahmsweise eine Pizza!“

Die in der Ukraine Aufgewachsene erhält eine 850-Euro-Rente, die von der Grundsicherung aufgestockt wird. Von den verbleibenden 250 Euro im Monat, so erwähnt die Spätaussiedlerin, leiste sie sich nur das Notwendigste. Selbstverständlich müsse das Vorhandene bestens gepflegt werden, damit es lange halte.

Eine Haushaltshilfe kommt regelmäßig in die 63 Quadratmeter große Mietswohnung, um die auf den Rollator angewiesene Frau zu unterstützen. „Trotz Pflegestufe 3 will ich wegen meiner Gesundheit nicht jammern.“

1977 hat Anastasia P. – als Nachkomme deutscher Siedler sei unter russischer Ägide kein Bleiben mehr möglich gewesen – die Reise nach Deutschland angetreten. Die Stadt am Main ist das Ziel, dem sie zeitlebens die Treue hält. „Ich habe sofort gearbeitet und meine Sprache verbessert.“

Der Verkauf von Kosmetik und Drogeriewaren wird zum Metier, die großen Handelshäuser Kaufhof, Hertie und Karstadt sichern 40 Jahre lang ihr Auskommen.

Aus einer Ehe, die schon vor langer Zeit zerbrochen ist, entstammen zwei Töchter, zu denen die 71-Jährige kaum Kontakt hat. „Sie haben Familien und wohnen weit weg.“ Aber es sei in Ordnung so.

Überhaupt lebe sie sehr zurückgezogen, könne auf einen großen Bekanntenkreis gut verzichten. Radiomusik und „alte Filme“ vertreiben die Trübsal, das „viele Lesen“ eröffnet ungeahnte Horizonte. „Bücher zu Geografie und Menschheitsgeschichte sind mir die liebsten“, sagt die Seniorin.

Dass es mit der Rente karg ist, überrascht sie nicht. „Der Verdienst war immer knapp.“ Aber Schulden habe sie nicht angehäuft, keinesfalls.

Die Stadt Frankfurt – „ich habe sie geliebt!“ – ist ihr heute ein Graus. Das sei einmal ein schöner, kultivierter, sauberer Ort gewesen. Mit Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte bleiben nur Seufzer: „Traurig, schlimm.“ Olaf Velte