Bild: Rolf Oeser

Ein Collier und ein Armband ihrer Mutter hat die 74-Jährige vor kurzem in ein Leihhaus gebracht.

Die im Frankfurter Gallusviertel zur Miete wohnende Frau muss „Löcher stopfen“, die die Rückzahlung eines Kredits gerissen hat. „In kurzen Abständen sind mir ein Schrank und der Backofen kaputtgegangen“, erzählt Antonia W. und bezeichnet ihre aktuelle Lebenssituation als „Katastrophe“.

Mit 300 Euro monatlich könne sie keine Sprünge machen – überhaupt werde ihre kleine Rente fast gänzlich von den laufenden Kosten aufgefressen. Die tägliche Existenz stützen Grundsicherung und seit fast einem Jahrzehnt auch die Altenhilfe.

Die auf Sizilien geborene Rentnerin spart nach Kräften, isst wenig, macht sich die Haare selbst und legt wenig Wert auf neue Kleidung. „Mit dem Weihnachtsgeld der Altenhilfe leiste ich mir diesmal aber neue Bettbezüge.“

Auch freut sie sich auf „gute Lebensmittel“, die sie im Freundes- und Familienkreis auftischen wird. „Die Altenhilfe-Unterstützung ist eine einzige Freude“, sagt sie.

An sozialer Bindung und gesundheitlichem Wohlergehen mangelt es ihr nicht, Sorgen bereiten jedoch gestiegenen Preise und die „fehlenden Jahre zur Alterssicherung“. Unzufrieden sei sie deshalb keineswegs, beteuert die Frankfurterin. Immerhin gilt: „Ich bereue nichts.“

Mitsamt ihrer aus dem südlichsten Italien stammenden Familie zieht sie im Alter von vier Jahren nach Mailand, wo sie Kindheit und Jugend durchlebt und eine Ausbildung zur Sekretärin absolviert. Aus einem Besuch des in Deutschland wohnenden Onkels wird 1970 schließlich ein innerfamiliärer Umzug mit Langzeitwirkung. „Wir sind gleich nach Niederrad gezogen, und ich habe umgehend begonnen, bei der Firma Neckermann im Büro zu arbeiten.“

Die junge Frau ernährt sich sparsam, trinkt jedoch fleißig Kaffee und verschmäht auch den regelmäßigen Zigarettengenuss nicht – und handelt sich ein Magengeschwür samt beruflicher Auszeit ein. Weil ihr Vater bereits in Diensten der Deutschen Bundesbahn steht, wechselt die Tochter kurzerhand die Branche und verdient ihr Geld fortan im Schichtdienst bei der Bahn.

Nicht lange, und die Frankfurter Zeil lockt, wo sie zusammen mit dem Cousin ein Pizzeria-Restaurant eröffnet. „Im Alter von 40 Jahren bin ich dann schwanger geworden und habe das Lokal aufgegeben“, erzählt Antonia W. Ihren Sohn – „eine ganz enge Bindung bis heute“ – zieht sie alleine groß, verzichtet in dieser Zeit auf eine Festanstellung.

Um finanziell wieder auf die Füße zu kommen, folgen Jobs als Verkäuferin in Feinkostladen und Imbiss. „Bei älteren Leuten habe ich dann noch geputzt.“

Um ihre Kreditschulden schneller loszuwerden, will die 74-Jährige nun bei einem Einzelhändler mit Billigsortiment anklopfen. „Vielleicht können die mich ja als Aushilfskraft gebrauchen.“ Olaf Velte