Bild: Renate Hoyer

„Immer Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist.“ Seinen optimistischen Vorwärtsblick und die schnoddrige Babbelschnute hat sich Eduard D. bis heute bewahrt.

Im Krankenhausbett spricht er über sein Leben. Stunden später steht eine Bauch-OP an. „Wir könne babbele, wie uns de Mund gewachse iss, werd schon gut gehn.“

Der 67-jährige Baden-Württemberger aus dem tiefsten Odenwald könnte als Hesse durchgehen. In 45 Jahren hat er das Frankfurter Idiom übernommen. Die Stadt ist seine Wahlheimat, seit es ihm im Odenwald zu eng geworden ist. Und weil er keine Särge bauen wollte.

Sonst fährt Eduard D. mit dem elektrischen Rollstuhl durch Schwanheim. Seine Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt. Nur selten kann er noch im Stadion bei der Eintracht dabei sein. Die Anfahrt ist kompliziert und es kostet trotz Behindertenausweis immer noch genug. An Diabetes leidet er schon seit vielen Jahren. Er nimmt Medikamente, und es ist nicht die erste Bauch-OP.

Eine Operation am Bein hat er gut überstanden, aber er bewegt sich nur mit dem Rollstuhl. Mit dem war er auch unterwegs, als der Marathon kürzlich durch seinen Ortsteil führte. Bei diesem Anlass hat er am Stand der evangelischen Kirche beim Getränke- und Waffelverkauf mitgeholfen. Da bekommt er dezent ein paar Euro zugesteckt, auch beim Weihnachtsmarkt, wenn er dem Mann mit Kinderkarussell hilft.

Kindheit und Jugend im Odenwald sind Themen, die beim Babbeln nicht unbedingt angeschnitten werden müssen. Aufgewachsen ist Eduard D. bei Pflegeeltern, „das war o.k.“, da hat er jetzt noch manchmal Kontakt. Den leiblichen Vater kannte er, die Mutter ist aus Kopf und Herz gestrichen, sie hat ihn früh weggegeben.

Schreiner hat er mal gelernt, hat „Tische gebaut“, wie er sagt. Als die Firma pleite ging, gab es die Möglichkeit, bei einer anderen Firma Särge zu bauen. Das wollte der junge Mann nicht. Er war 22 Jahre, als Frankfurt lockte und darin das Gaststättengewerbe.

Das war sein Metier, „immer eine schöne Zeit“. Im Biergarten am Frankfurter Hauptbahnhof, auch in anderen Gaststätten, meist in der Küche, auch mal als Hausmeister, im Garten, „Mädchen für alles eben“, fasst er seine Rolle zusammen.

Heute muss Eduard D. von schmaler Rente und Grundsicherung leben, wohnt alleine in seiner kleinen behindertengerechten Wohnung, kommt auch alleine zurecht. Dank der FR-Altenhilfe ist „alles im grünen Bereich“.

Einmal nur hat er das Experiment Leben mit einer Frau gewagt, „ein Reinfall“, mehr sagt er dazu nicht. Da hatte er schnell die Babbelschnute voll. Jürgen Streicher