Schon die Mutter hat Brotsuppe gekocht, dieses „einfache, gesunde Gericht“. Warum die Tradition ändern?
Doch Ariane A. ist nicht im Gestern steckengeblieben, strebt vielmehr nach neuen Eindrücken, will „sich im Denken verjüngen“. Die 75-jährige Frau, aus Niederschlesien stammend, wohnt heute in Kelkheim und lebt „bescheiden“. Nach Abzug aller laufenden Kosten stehen von Rente plus Grundsicherung etwa 300 monatliche Euro auf der Habenseite.
Alleinsein ist für die Seniorin kein Thema – mit den Menschen kommt sie schnell ins Gespräch, sucht den alltäglichen Austausch. In Deutschland, so erzählt sie, sei das gesellschaftliche Angebot bestens organisiert.
War das Singen im Chor bis zum Corona-Ausbruch eine feste Konstante, so erprobt sie ihre Stimme mittlerweile in den eigenen vier Wänden. „Manchmal tanze ich hier auch – mit Blick auf die Frankfurter Skyline.“ Für Ariane A. gilt „Genießen!“ als Daseinsmotto.
Die Frau, die viel in der Bibel liest und sich mit Philosophie beschäftigt, stammt aus dem ehemaligen Schmiedeberg – heute Kowary – am Fuß des Riesengebirges. „Ich wurde deutsch erzogen.“
Dort, wo die Bergschächte mit Uranerz gefüllt sind und unter Tage geschuftet wird, lässt sich die junge Frau nach der Mittleren Reife dann auch zur Fotografin ausbilden. Die darauf folgende Anstellung in einer Galerie endet im Herbst des Jahres 1981. Mit zwei Schulkameradinnen siedelt Ariane A. von Polen – „dort wurde geputscht“ – nach Deutschland über, verdingt sich dann zunächst in der Gastronomie.
Eine vorschnelle Eheschließung bleibt glücklos: „Der Mann war Alkoholiker, die Scheidung zwangsläufig.“ Ihrem Sohn versagt die nun in Hessen Lebende nichts, steckt alles in dessen Ausbildung zum „Doktor der Chemie“. Bevor im Alter von 60 Jahren die Rentenphase eintritt, sind diverse Berufswege abgeschritten: „In einer Wäscherei, als Hausmeisterin und so weiter.“ Einmal auch „ehrenamtlich in einem Second-Hand-Laden der Caritas“.
Für das Ruhegeld summiert sich allerdings wenig. Seit Ostern 2018 ist die ehemalige Fotografin und begeisterte Radio-Hörerin „sehr dankbar“ für die nunmehr 75 Jahre währende Existenz der Altenhilfe: „Meinen größten Respekt!“
Eine kurze Zugreise mit kultureller Stippvisite sei ebenso möglich wie ein Besuch in Höchst, wo der Kaffee mit Kuchen schmecke. Dass die Brotsuppe dennoch ihren Wert für Ariane A. behält – wer wollte daran zweifeln? Olaf Velte