Bild: Rolf Oeser

Irina T. kommt vom Sonnenstrand am Schwarzen Meer. Mit 19 Jahren folgt sie ihrer Berufung, sagt Adieu zum Friseurinnenhandwerk und verschreibt sich mit Leib und Seele der Sangeskunst.

Als Sängerin der Musikgruppe „Image“ werden Tourneen ihr Leben, die Auftritte im Osten Europas reihen sich wie Perlen auf der Schnur. „Ein Traumberuf mit Tanzmusik!“

Heute wohnt die Frau in Rüsselsheim und zur Miete. Rente, Grundsicherung und Altenhilfe sichern ein Dasein, das mit monatlich 300 Euro karg ausgestattet ist. „Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben“, sagt die 70-Jährige – und: „Nur mit Sparen geht etwas“.

Zum Beispiel sich hin und wieder einen Strauß Blumen leisten zu können. Die Zuwendungen der Altenhilfe sind ihr „ein Glück“, ein „Sechser im Lotto“ gar. Darüber freue sie sich jedes Mal wie ein Kind.

Nach all den Turbulenzen und Aktivitäten einer reisenden Musikantenexistenz fühlt sich die vital-ehrliche Seniorin mittlerweile – „ein Problem“ – einsam. Das gute Verhältnis zu ihrem Sohn ist ein Trost, an das Thema Ehe wird jedoch kein Gedanke verschwendet: „Das war einmal, nie mehr!“

Die nun dunkle Jahreszeit drückt aufs Gemüt, lässt „vielen Sorgen“ freien Lauf. In Schwermut will die im bulgarischen Burgas Geborene nicht versinken, nennt stattdessen „Tanzen, Unterhaltung, Operette“ als Hobbys. Irina T. möchte demnächst Kontakt zum örtlichen Sportverein aufnehmen, eines der „vielen Angebote“ ausprobieren.

Als ihre Kapelle im Jahre 1990 ans Karriereende gelangt, ist die Sängerin seit fünf Jahren in Deutschland beheimatet. Es ist eine Zäsur. An die Stelle von Festivalauftritten sind Mutterpflichten getreten.

Ihr bleiben fortan nur noch Kurzzeitjobs als „Haushälterin, Bardame, Animateurin im Kindergarten“. Eine feste Berufsperspektive habe sich nicht mehr realisieren lassen. Auch die Alterssicherung ist plötzlich obsolet: „Viele Unterlagen zu meiner Rentenangelegenheit waren verschwunden.“

Spazierengehen am Main bringt Irina T. heute Entspannung. Mit Freude blickt die ehemalige Bühnenkünstlerin dem Fest der Christenheit entgegen. „Ich liebe Weihnachten!“

Dann will sie es sich „ein bisschen schön machen“ und von einem Besuch bei den Freunden in Greifswald träumen. „Ach, noch einmal ans Meer.“ Olaf Velte