Bild: Bernd Fickert

„Ich tu net jammern“, sagt Beate W. immer mal wieder. Wie zur Erinnerung, dass es ihr ja „trotz alledem“ immer noch irgendwie gut geht.

Dass der Herrgott sie auch oft beschützt hat, obwohl er all die Dramen in ihrem Leben nicht hat abwenden können. Zur Kirche kommt sie noch zum Gebet, mit Rollator oder Rollstuhl, nach drei Stufen aus der kleinen Wohnung im Erdgeschoss hinunter auf die Straße.

„Der liebe Gott hat mir geholfen“, das ist ihre feste Überzeugung. Damals nach ihrem Schlaganfall mit Gehirnblutung etwa, da war sie 30 Jahre alt. „Ich habe das Licht schon gesehen, bin aber nicht reingegangen, der Glaube hat geholfen.“ So beschreibt sie ihre damalige Nahtoderfahrung.

Beate W. hat sich nach Niederschlägen immer wieder aufgerappelt. Schwere Krankheiten treffen die ganze Familie. Die jüngere Tochter stirbt mit 28 Jahren an einer Herzmuskelentzündung, an einem 23. Dezember, „um 11 Uhr abends, eine Stunde vor Heiligabend“, erzählt die 70-Jährige.

In Wiesbaden-Biebrich hat sie die ersten acht Lebensjahre verbracht, danach ungefähr zehn Jahre in Michelbach bei Limburg, wo der Vater Arbeit gefunden hatte, dann zurück nach Biebrich, wo sie immer noch lebt. Der Vater stirbt auch viel zu früh nach einem Schlaganfall, die Mutter wenig später durch eine Embolie.

Gibt es auch schöne Erinnerungen im Leben von Beate W.? Oh ja, Silvester 1971 etwa. Da ist sie 17, lernt ihren zukünftigen Mann im „Western Saloon“ kennen, einer Disco in der Dotzheimer Straße. „Als ob man schweben würde“, beschreibt sie das Gefühl.

Ein Jahr später sorgt die erste Tochter für Erdung. Beate W. arbeitet als Verkäuferin und Serviererin in einem Café am Markt in der Innenstadt, zuletzt noch mal zehn Jahre als Hauswirtschafterin bei den Johannitern, ehe sie mit 60 Jahren in Rente geht.

Nach einer Hüftoperation ist sie schwer gehbehindert. Ihr Mann überlebt in jungen Jahren zwei Krebserkrankungen, im vergangenen Jahr ist er an einer Sepsis verstorben.

Dem „Herrgott“ ist sie nicht böse, es ist wohl so, wie es sein soll. Beate W. bleibt bescheiden wie ihr ganzes Leben, die Rente mit knapp 700 Euro fällt mager aus. Mit Grundsicherung kommt sie durch, die Unterstützung durch die FR-Altenhilfe ist ihr „ein Segen“. Endlich mal wieder zu Weihnachten einen „echten Butterstollen“, darauf freut sie sich.

Und auf die neue Brille, die sie jetzt bezahlen kann, sowie drei Nachthemden, die längst mal wieder fällig waren. Dass schon seit Wochen die Heizung im Haus nicht funktioniert und die Eigentümerin, eine Immobilienfirma, die Mieter auf Anfang Januar vertröstet hat, steckt sie weg.

Eine kleine Notheizung für 49 Euro haben ihr die Enkel mitgebracht, die auch den Einkauf erledigen, für „nette Überraschungen“ sorgen manchmal die freundlichen Nachbarn, die noch besser zu Fuß sind. All diese Menschen, die ihr Gutes tun, auch die von der FR-Altenhilfe, schließt sie jeden Abend in ihr Gebet ein. Jürgen Streicher