Die Wohnung von Andreas M. gleicht einem kleinen Museum, voller Schallplatten und Plakate aller Art. Ein antik anmutender Computer und ein altes, überdimensioniertes Mischpult nehmen einen großen Teil der kleinen Wohnung ein.
Die Zimmer sind mit einem Sammelsurium aus Möbeln und Dekoelementen der 80er Jahre eingerichtet. „Es ist schon alles ein wenig zusammengewürfelt“, gibt der Rentner zu. „Alles hat sich so über die Jahre angesammelt. Viele Möbel sind mittlerweile leider kaputt. Aber es wirkt hoffentlich nicht völlig verwahrlost, oder?“
Das wirkt es in der Tat nicht. Im Gegenteil, die kleine Wohnung ist trotz aller Mängel sehr stilsicher ausgestattet. Kein Wunder, denn Andreas M. ist von ganzem Herzen Künstler. Sein Leben lang hat er sich als Illustrator, Designer und Grafiker verdingt, nebenbei gesungen und komponiert. „Ich bin schon ein kreatives Multitalent“, sagt der 77-Jährige mit einem gewissen Stolz. „Schon als Kind habe ich gern gezeichnet und gesungen.“
Lange hat er sich als Selbstständiger durchgeschlagen, mit wechselndem Erfolg. „In den 80ern ist es richtig gut gelaufen“, erzählt der gebürtige Koblenzer. Damals arbeitete er für eine Plattenfirma, entwarf Cover für die Plattenhüllen. Dort wurde auch sein musikalisches Talent entdeckt. „Ich habe angefangen, für die Amerikaner in Frankfurt Country zu singen. Das fanden die ganz toll, einen Deutschen, der Country singt“, erzählt M. strahlend. Es wurden seine erfolgreichsten Jahre.
Er heiratete, bekam einen Sohn, reiste viel. 18 Jahre blieb er mit seiner Frau zusammen, dann kam die Scheidung. M. redet nicht gerne darüber. „Ab diesem Punkt ging es bergab“, erzählt er. Später zerstritt er sich mit seinem Sohn, mit dem er heute keinen Kontakt mehr hat. Sein heute 21-jähriges Enkelkind hat er kaum kennengelernt.
Nachdem er 50 Jahre alt geworden war, wurden die Aufträge weniger. Die junge Designergeneration übernahm den Markt. Doch Andreas M. wollte nicht einfach aufgeben. Er absolvierte eine Fortbildung, in der er lernte, am Computer Grafiken zu entwerfen – wohlgemerkt Mitte der 90er. Wirklich geholfen hat das auch nicht. Dennoch zeichnete der 77-Jährige noch lange am Computer, bis zuletzt sein alter PC nicht mehr mitmachen wollte.
Heute lebt M. ein bescheidenes Leben. An die Altenhilfe ist er über seine Mutter gekommen, die ebenfalls Unterstützung erhielt. „Die Unterstützung ist sehr hilfreich für mich“, sagt er dankbar. Zuletzt hat er sich einen Fernseher gekauft, ein Schnäppchen für 90 Euro. „Das Geld ist oft das Einzige, was einen noch ein Stück nach vorne bringt.“
Trotzdem ist M. nicht unzufrieden mit seinem Leben, auch wenn er oft einsam ist. „Ich habe mich ein Stück weit aus der Welt verabschiedet. Aber das ist okay. Man gewöhnt sich dran.“ prjb