Die Wege ins Badezimmer oder in die Küche sind für Edwin L. zu lang geworden. Der Körper versagt selbst bei kürzesten Distanzen.
Es war vor drei Jahren, als Edwin L. im Uniklinikum eigentlich am Knie operiert werden sollte. Stattdessen erlitt er im Krankenbett vier Hirnschläge kurz hintereinander. Glück hatte der 73-Jährige, dass er ohnehin gerade im Krankenhaus war. „Es ist ein Wunder, dass ich noch lebe“, sagt L.
Seitdem ist nichts mehr wie vorher und der „Hausener Bub“ an die Wohnung gebunden, mehr noch, an das Zimmer, in dem er auch schläft. Täglich kommt eine Pflegekraft vorbei, die ihm im Haushalt hilft, eine Schüssel zum Waschen bereitstellt und den Toilettenrollstuhl neben seiner durchgelegenen Couch, auf der er schläft, ausleert. „Die Federn sind kaputtgegangen und drücken ins Kreuz“, sagt L.
Eine neue Schlafgelegenheit kann er sich von 500 Euro Grundsicherung, die er monatlich zur Verfügung hat, nicht leisten. Die körperlichen Beeinträchtigungen sind Resultat beruflicher und sportlicher Belastungen. Als gelernter Stuckateur wechselte Edwin L. in den 70er Jahren den Beruf und wurde Aufzugsmonteur. Meterlange Metallschienen, die zweieinhalb Zentner schwer gewesen seien, musste er dabei vom Keller bis in obere Etagen hieven.
Seine Leidenschaft für den Handballsport beanspruchte den Körper noch weiter. Als Torwart spielte er damals unter freiem Himmel auf Großfeld, häufig auf roter Asche. Sportlich zahlte sich die Passion aus. L. spielte höherklassig.
Aber gesundheitlich musste er Tribut zollen: Operationen an Knien und Händen, gebrochene Brustwirbel, eine Hüftdysplasie, verschlissene Sprunggelenke und Knorpel: „Bei mir sind praktisch alle Knochen, die ein Mensch haben kann, kaputt“, sagt L. Mit 55 Jahren und damit zu früh, um ein ausreichendes Polster für die Rente anzulegen, konnte er nicht mehr arbeiten.
Aus einer zerbrochenen Ehe hat Edwin L. zwei Söhne, die bei ihm aufwuchsen. Während der Vater unter der Woche auf Montage war, lebten die Jungen im Internat. Am Wochenende holte er sie ab. Zu beiden besteht regelmäßiger Kontakt, insbesondere zu dem einen ledigen, der in Frankfurt lebt. Vom zweiten, der mit Familie und drei Kindern im Schwarzwald lebt, gibt es aufgrund der Entfernung weniger Besuche.
Gemeinsam suchen sie nach einer neuen, barrierefreien Bleibe. Aber zunächst einmal will Edwin L. Spenden der FR-Altenhilfe sparen, um sich eine neue Schlafcouch leisten zu können. Clemens Dörrenberg