Für Anton R. bedeutet das Extrageld, das er seit sechseinhalb Jahren von der FR-Altenhilfe zu Ostern und zu Weihnachten überwiesen bekommt, etwas Unabhängigkeit. Am Monatsende habe er sonst häufig „keine zehn Euro in der Tasche“, berichtet der Rentner.
Aber die Weihnachtsspende der FR-Leser:innen reiche bei ihm bis Ende Februar. „Ich teile mein Geld ein, und es wird nicht außerplanmäßig ausgegeben“, sagt R. mit Nachdruck in der Stimme. „Es ist schön, dass es so etwas überhaupt gibt“, fügt der 81-Jährige hinzu, der große Probleme beim Atmen hat.
Seit zehn Jahren leidet der gebürtige Frankfurter, der im Marienkrankenhaus geboren wurde und im Nordend aufgewachsen ist, an der chronisch fortschreitenden Lungenkrankheit COPD. Schon kurze Wege, etwa zum Kühlschrank, kosten ihn große Mühe. Tag und Nacht ist er ans Sauerstoffgerät gebunden.
Für unterwegs schnallt sich der Berkersheimer eines mit Batteriebetrieb um. Doch lediglich zwei Stunden halte der Akku, wie R. berichtet. Seine Partnerin trägt für längere Strecken das Ladegerät, wenn er mit ihr rausgeht.
Die Nieder-Erlenbacherin ist seine große Stütze. Dank ihr hat er das Rauchen als mögliche Ursache seiner Lungenkrankheit stark eingeschränkt. Vor fünf Jahren hat Anton R. sie im Bürgerhospital kennengelernt, als er wegen seiner Lunge zur Untersuchung musste.
Nachdem die Ehefrau vor mehr als dreißig Jahren gestorben und der Kontakt zu Sohn und Tochter, die in die USA ausgewandert sind, abgebrochen war, lebte R. lange in Einsamkeit. „Es hat lange gebraucht, bis ich das überwunden habe“, sagt er in nachdenklichem Tonfall.
Dabei hatte er es von Anfang an nicht leicht. Vom Vater regelmäßig verprügelt, nahm R. als 15-Jähriger Reißaus von zu Hause und schloss sich der Fremdenlegion an. Nach zehn Jahren Militärdienst verschlug es ihn nach Antwerpen, wo er Koch lernte.
Später ging er nach Amsterdam. In Belgien und den Niederlanden arbeitete er jahrelang ohne Papiere. „Eine Dummheit von mir“, blickt er selbstkritisch zurück und ergänzt: „Wenn man jung ist, überlegt man nicht so viel.“ Auch als Lastwagenfahrer arbeitete er, ohne in die Rente einzuzahlen.
Deshalb lebt er heute von Sozialhilfe. 350 Euro pro Monat: „Nicht gerade die Welt.“ Doch er wolle sich nicht beschweren. „Hängen lassen gibt’s bei mir nicht“, sagt Anton R.
Trotz seiner chronischen Lungenkrankheit versucht er bis zu zweimal in der Woche ins Fitnessstudio zu gehen, um mit leichten Gewichten zu trainieren. Er achtet auf sein Äußeres, kauft sich von der Altenhilfe meist Kleidung. „Eine gesteppte Winterjacke für 59 Euro“ aus einem Frankfurter Kaufhaus möchte er sich als nächstes leisten.
Meist begleitet ihn seine Partnerin beim Kleiderkauf und er sie ins Theater. „Da braucht man auch gute Klamotten“, sagt R. Wenn es möglich wäre, würde er den „fremden Leuten“, die spenden, für ihre Hilfsbereitschaft am liebsten persönlich danken. Clemens Dörrenberg