Ich war mein ganzes Leben lang selbstständig“, erzählt Abi F. (Name geändert). Das mache es ihm einfacher, mit seiner jetzigen Lebenssituation zurechtzukommen.
Der einst erfolgreiche Geschäftsmann mit eigenem Unternehmen rutschte vor rund 16 Jahren unverschuldet in Hartz IV ab. Eine Anstellung habe er danach nicht gefunden. „Ich würde auch noch heute eine Arbeit annehmen, aber wer nimmt schon einen 70-Jährigen“, sagt F., dessen Stimme ihn jünger erscheinen lässt. Der Senior muss nun mit Grundsicherung auskommen.
Als Achtjähriger kam F. mit seinen Eltern nach Frankfurt, wo er noch heute lebt. „Meine Mutter war gebürtige Berlinerin, mein Vater stammte aus der Ukraine“, erzählt er. „Wir haben ein Jahr vor dem Mauerbau Berlin verlassen, weil die Stadt sehr eingeengt war und mein Vater in Frankfurt bessere Chancen für sein Geschäft sah.“ Der Vater handelte mit Textilien.
Nachdem Abi sein Betriebswirtschaftsstudium beendet hatte, stieg er in die Firma, einen Großhandel, ein und übernahm sie mit den Tod des Vaters in den 1980er Jahren. Das Geschäft sei gut gelaufen, mit Beginn der 2000er Jahre habe sich jedoch ein Wandel abgezeichnet. „Die Branchenstruktur begann zusammenzubrechen. Immer mehr Textilien wurden in China hergestellt, die großen Bekleidungshäuser erledigten zunehmend selbst den Einkauf in Asien“, erzählt er.
Just in dieser Zeit erkrankte F.s Frau schwer. Zweieinhalb Jahre habe er sie gepflegt, bis sie im Alter von 47 Jahren an ihrem Leiden gestorben sei. In dieser Phase habe das Unternehmen zurückstehen müssen, was Folgen hatte. „Man kann eine Firma nicht mit einer Drei-Tage-Woche bei nur drei Stunden im Betrieb führen“, sagt F.
2006 seien die Geschäftsbücher dann für immer geschlossen worden. F. erlitt psychische Störungen und einen Burnout, war für eine Weile erwerbsunfähig. „Irgendwann landet man dann in Hartz IV“, sagt er.
Die hohen Verluste der Firma hätten seine privaten Rücklagen aufgefressen. Und die Rentenvorsorge? „Wir haben nicht wirklich ans Alter gedacht“, sagt der Senior über die unbeschwerten Jahre seines Lebens.
Doch F. blickt nicht im Groll zurück. In seiner kleinen Wohnung in einem Seniorenheim fühle er sich „sehr zufrieden“, sagt er. „Es sind aber schon ein bisschen viele alte Leute hier“, scherzt er.
385 Euro habe er im Monat zur Verfügung, die reichten ihm für den Alltag, ließen aber keine Extras zu. „Für die Zuwendung der FR-Altenhilfe bin ich sehr dankbar. Damit ist auch was für einen Pullover, eine Tagesfahrt oder für einen Kinobesuch übrig“, sagt Abi F., der seit vergangenem Jahr von der FR-Altenhilfe bedacht wird. Detlef Sundermann