Dass er aus den kalabrischen Bergen stammt, hört man Rudolfo M. noch heute deutlich an. Das Süditalienische ist seine Sprache, dort ist er geboren, von dort ist er weggegangen, wie so viele, weil es keine Arbeit gab Anfang der 70er-Jahre.
Die Freunde sind alle ausgewandert, nach Norditalien in die Städte Mailand, Turin, Genua oder noch weiter nach Frankreich und Deutschland. Alle 21 Jungs aus seiner Schulklasse im Bergdorf, alle gingen fort. Um die 6000 Einwohner hatte sein Heimatort einmal, heute seien es gerade noch 750, erzählt er.
M. hat die Berufsschule absolviert, Feinmechaniker gelernt, noch keine 20 war er bei seinem ersten Versuch in Deutschland. Ging bald wieder zurück nach Italien, leistete seine Militärzeit im Norden ab. Knapp 20 Euro im Monat kriegt er dafür heute als Rentner vom Staat.
Sein junges Leben bewegte sich anfangs hin und her zwischen Versuchen in Deutschland und Italien, dann wird das Land nördlich der Alpen sein Stützpunkt, neue Heimat mag er es nicht wirklich nennen.
Beim „Massa-Markt“ in Eschborn hat Rudolfo M. ein paar Jahre gearbeitet, dann neun Jahre bei den Adlerwerken in Frankfurt Büromaschinen gebaut, war mal bei den Farbwerken in Höchst beschäftigt und zuletzt bei der Braun GmbH in Kronberg. „Ich kann mich nicht beschweren“ – es klingt nicht gerade euphorisch, wenn er das sagt.
Dazwischen lagen immer Phasen der Arbeitslosigkeit, es ist nicht rundgelaufen, das Leben des Mannes aus den Bergen Kalabriens. Kein Glück auch in der Liebe, er habe immer allein gelebt, sagt er.
Heute wohnt er im Frankfurter Westen in Griesheim, in einer kleinen Wohnung, von 850 Euro Rente plus 280 Euro Wohngeld. Rund 500 Euro kostet allein die Wohnung, Rudolfo M. kommt gerade so rum.
Gefreut hat er sich über den 75-Euro-Gutschein für den Einkauf beim Rewe, der kürzlich kam, von der Weihnachtsunterstützung wird er sich das Nötigste an neuer Kleidung kaufen.
In seiner Heimat in Kalabrien war Rudolf M. zuletzt im vergangenen Jahr. Da hatten ihn Bekannte im Auto mitgenommen, die auch von dort stammen und in Frankfurt leben. Zwei Schwestern leben noch dort, der Bruder ist gestorben.
Kann man das Meer sehen von da oben? Da lacht der Mann aus den Bergen. „Ja, es sind 45 Kilometer Kurven bis zum Meer.“ Jürgen Streicher